Die Geschichte der Gemeinde Osterfeld

Die Verleihung der Stadtrechte
Nach diesen turbulenten Monaten, die Osterfeld einen Stillstand in der wirtschaftlichen Entwicklung brachten, kehrt, wenn auch nur für kurze Zeit, wieder Ruhe in die Gemeinde ein. Dieses Mal sorgt nicht die Presse sondern die Preußische Staatsregierung für Zündstoff, weil sie im Oktober 1920 die Diskussion über die heikle Eingemeindungsfrage eröffnet. In einer Denkschrift an den Amtmann empfiehlt sie finanziell schwachen Gemeinden den Zusammenschluß mit größeren Städten. Gerade im Falle Osterfeld ist die Regierung sicher, daß diese Kommune in absehbarer Zeit nicht zur Stadt erhoben werden wird. Als Folge davon hält sie einen Zusammenschluß von Oberhausen und Osterfeld für wünschenswert, weil beide Gemeinden jetzt schon über eine gemeinsame Straßenbahn und über eine gemeinsame Elektrizitäts- und Wasserversorgung verfügen.
Weil alle rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, beschließt der Gemeinderat, trotzdem die Verleihung der Städteordnung zu beantragen. Der Kreisausschuß Recklinghausen berät die Vorlage in seiner Sitzung am 21. März 1921 und leitet sie befürwortend an die Regierung in Münster weiter. Er schlägt vor, Osterfeld zum 1. Januar des folgenden Jahres aus dem Kreisverband zu entlassen. Die preußische Bürokratie arbeitet jedoch schneller, als es der Kreisausschuß erwartet. Bereits am 29. Juni 1921 informiert ein Telegramm aus Berlin den Osterfelder Gemeinderat über die Verleihung der Stadtrechte durch die Preußische Regierung, und nur einen Tag später beauftragt der Regierungspräsident in Münster den Amtmann Werner Langweg, vorläufig die Aufgaben des Bürgermeisters der Stadt Osterfeld zu übernehmen.
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Damit erreichen die Bürger Osterfelds dank ihrer Hartnäckigkeit doch noch ihr Ziel. Den Nachbarn schreiben sie überglücklich und mit dem Schalk im Nacken folgendes Gedicht ins Stammbuch:
Osterfeld ist eine ganz famose Pfründe,
dachten einst die Herren von Oberhausen,
und sie suchten selbstlos edle Gründe,
um die Pfründe gierig zu verschmausen.
Als dies Bottrop und Sterkrade hörten,
schritten sie nicht minder schnell zu Taten,
weil sich Herz und Beutel sehr empörten,
daß ein anderer sollt’ bekommen diesen Braten.
Und wie eine wilde Meute junger Hunde
sich um einen fetten Knochen beißen,
also sah man, schier mit offenen Munde,
diese drei um Osterfeld sich reißen.
Da erwachten jäh die Leut’ von Osterfeld:
„Sind wir denn so ganz von Gott verlassen,
daß wir uns mit unserem vielen Geld
einfach so als Frühstück schlucken lassen?“
Nein sie wollten nicht verschlungen werden,
schleunigst machten sie sich auf die Beine,
und sie wurden ohne viel Beschwerden
über Nacht schon eine Stadt für sich alleine.
O, wie Bottrop, Oberhausen und Sterkrade
da für wunderliche Mienen machten
und ganz traurig seufzten: „Ach , wie schade“,
während die Osterfelder furchtbar lachten.
(Der Kickenberg, 1956)
Der Stadtrat wählt in seiner Sitzung am 31. August 1921 den Regierungsrat Johannes Kellinghaus einstimmig zum ersten Bürgermeister der Stadt Osterfeld.
Am 1. November trat Herr Regierungsrat Kellinghaus sein Amt als kom. Bürgermeister an und schied Herr Amtmann Langweg aus dem Dienst aus. Es geziemt sich, der Verdienste dessen in Dankbarkeit zu gedenken, der in unermüdlicher, aufopfernder Arbeit der Gemeinde dreißig Jahre vorstand. Ist doch die Entwicklung Osterfelds mit dem Namen Langweg aufs engste verknüpft und nicht zuletzt ist dem im Dienste unseres Gemeinwesen ergrauten Amtmann zu verdanken, dass die Stadtwerdung so schnell erfolgt ist. Und wenn die junge Stadt ihn nicht zu ihrem ersten Bürgermeister erwählt hat, so geschah dies sicherlich nicht in Verkennung seiner Verdienste, sondern nur aus der Erwägung heraus, Osterfeld einen ersten Beamten zu geben, der noch über eine volle Arbeitskraft verfügt, denn der Aufgaben, die des neuen Bürgermeisters harren, sind gar viele! Aber schon die einstimmige Wahl zum Stadtoberhaupt ist ein beredtes Zeugnis des allseitigen großen Vertrauens, das Herrn Kellinghaus entgegengebracht wird. Möge es ihm gelingen, die junge Stadt den modernen Anforderungen entsprechend auszugestalten, und der gewünschten Blüte entgegenzuführen.
(Grünewald, 1922)
Die Stadt Osterfeld hat 32 850 Einwohner.
Die Osterfelder dürfen sich nicht lange als selbständige Städter fühlen; diese Herrlichkeit endet nämlich schon 1929. Die Entwicklung bis zur Eingemeindung nach Oberhausen soll der Vollständigkeit halber kurz beschrieben werden.
Zunächst läuft alles planmäßig ab. Am 21. Juni 1922 verleiht der Regierungspräsident dem Bürgermeister Johannes Kellinghaus den Titel "Oberbürgermeister", und am 1. März 1923 erteilt das Preußische Staatsministerium der Stadt die Genehmigung, ein Wappen zu führen. Aber schon 1926 beginnt mit dem Gesetz zur Neuregelung des rheinisch-westfälischen Industriegebietes die Diskussion einer Kommunalreform. Alle möglichen Kombinationen finden ihre Anhänger: die Gutehoffnungsstadt aus Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld ebenso wie ein Zusammenschluß von Mülheim, Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld zur Vier-Städte-Stadt oder als Krönung Ruhrmünde, gebildet aus Essen, Mülheim, Oberhausen, Sterkrade, Osterfeld, Duisburg und Hamborn.
Die Osterfelder Verwaltung vertritt die Ansicht, daß die Stadt in den letzten Jahren ihre Existenzberechtigung als Mittelstadt nachgewiesen hat. Sie will deshalb unbedingt an der Selbständigkeit festhalten. Nur wenn eine Umgemeindung unter keinen Umständen zu vermeiden ist, entscheidet sie sich für den Zusammenschluß mit Oberhausen und Sterkrade. Und so kommt es auch. Am 1. August 1929 entsteht per Gesetz aus den Städten Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld die Großstadt Oberhausen (Rhld) mit 193.000 Einwohnern. Die Fläche des Stadtgebiets wächst auf 7.965 ha an.
Damals kursiert in Osterfeld folgende Anekdote:
Als sich die Stadtparlamente in gemeinsamen Sitzungen im Vorfeld nicht über den Namen der neuen Gemeinde einigen können, macht ein Osterfelder Ratsherr den Vorschlag, zweckmäßigerweise den neuen aus Teilen der alten Städtenamen nach folgendem Muster zu bilden:
O(berhausen) Ster(krade) (Oster)feld.
Die Idee findet jedoch keine Mehrheit…


© 2000 Fritz Pamp